Helfen Achtsamkeitsübungen?
Was ist Achtsamkeit überhaupt?
Achtsamkeit beschreibt einen Zustand erhöhter Wahrnehmung und aktiven Bewusstseins. Sie wird auch beschrieben als die Kunst, einfach nur da zu sein. Wer Dinge achtsam erledigt, konzentriert sich auf seine Tätigkeit und erledigt sie nicht nebenher. Achtsamkeit umfasst alle Lebensbereiche und beinhaltet insbesondere, dass man sich in Geduld übt, nicht wertet (weder gegenüber Personen, Aussagen noch Dingen), loslassen und annehmen lernt und Vertrauen entwickelt. Achtsamkeit wird geübt gegenüber der äußeren und der inneren Welt – also gegenüber allem, was hörbar, fühlbar, riechbar ist, aber auch gegenüber den eigenen Gefühlen, Stimmungen und Gedanken. Es handelt sich bei Achtsamkeit also um eine innere Haltung, mit der die Wahrnehmung geschärft wird und mit deren Hilfe man im Hier und Jetzt lebt. Gewohnheit und Routine stehen der Achtsamkeit im Weg, wie die Unachtsamkeit natürlich auch. Daher solltest Du versuchen, diese ausgetretenen Pfade hin und wieder zu verlassen.
Kann man Achtsamkeit trainieren?
Achtsamkeit lässt sich tatsächlich erlernen und trainieren – und zwar von jedem. Man kann sie sich wie einen Muskel vorstellen, der durch regelmäßiges Training stärker wird: Wenn Du erst einmal eine Weile Achtsamkeitsübungen gemacht hat, wirst Du achtsamer durchs Leben gehen und es gar nicht direkt merken. Was Du aber merkst: Innere Unruhe wird es bei Dir nicht mehr geben.
Welche Achtsamkeitsübungen gibt es?
Es gibt zahlreiche Übungen für mehr Achtsamkeit, sowohl für Fortgeschrittene als auch für Anfänger, für zwischendrin oder ganz ausgedehnt. Wichtig ist es, sich am Anfang nicht zu überfordern, wenn man Achtsamkeit als Neuling entdecken möchte. Daher empfiehlt es sich, für den Einstieg kleinere, einfachere Übungen auszuwählen, die sich dann Stück um Stück ausbauen lassen. Allen Übungen für mehr Achtsamkeit wesentlich ist die Konzentration auf die eine Sache, die man gerade vorrangig tun möchte – egal, ob es um den Körper, die Seele oder den Geist geht. Wenn Du also achtsam essen möchtest, sollte nebenher keine Musik laufen, und wenn Du achtsam Musik hören möchtest, solltest Du nebenher nicht essen oder ein Gespräch führen. Du kannst natürlich auch Deine Gefühle achtsam spüren.
Achtsamkeitsübung Nr. 1: Achtsam atmen
Die erste und wichtigste Achtsamkeitsübung ist achtsames Atmen. Durch die richtige Atmung kann man nicht nur seinen Herzschlag beruhigen, sondern auch mehr zu sich selbst kommen. Wichtig ist für diese Übung für mehr Achtsamkeit, sich auf das Ein- und Ausatmen zu konzentrieren: Beim Einatmen bewusst wahrnehmen, wie die Luft in Dich strömt, Dich erfüllt und sich in Dir ausdehnt, beim Ausatmen, wie sie als warmer Hauch entweicht. Je länger man sich auf diesen Prozess konzentriert, desto weniger werden die Gedanken, die sich mit anderen Dingen beschäftigen – und das gibt Ruhe. Versuche diese Übung regelmäßig in Deinen Alltag einzubauen, z. B. auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause.
Achtsamkeitsübung Nr. 2: Achtsam laufen
Laufen ist uns so geläufig, dass wir im Prinzip nie bewusst darüber nachdenken – es sei denn, wir haben uns ein Bein gebrochen oder sind anderweitig schlecht zu Fuß. Such Dir einen schönen Weg in der Natur aus, und los geht’s! Setze in dieser Achtsamkeitsübung bewusst einen Fuß vor den anderen und achte dabei darauf, wie sich der Untergrund anfühlt. Achte auch auf Deine Muskeln: Wie spannen sie sich an, wie fühlt es sich an, wenn sie entspannen? Welche Muskeln sind beim Gehen überhaupt beteiligt? Die Übungsintensität für mehr Achtsamkeit lässt sich steigern, wenn man sie barfuß durchführt. Du wirst staunen, wie viel Schönes Du beim achtsamen Laufen wahrnehmen kannst.
Achtsamkeitsübung Nr. 3: Achtsam für das Glück der anderen
Kurzfristig sehr wirksam ist eine Achtsamkeitsübung der Metta-Meditation, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erwiesen ist.1 Die Kurzversion dieser Achtsamkeitsübung eignet sich für Fälle, in denen Du Dich über jemanden ärgerst, das zugrunde liegende Problem aber weder beseitigen noch mit der Person besprechen kannst. Hier hilft es, wenn Du Dir einfach 10 Sekunden Zeit nimmst und zwei anderen Personen innerlich Glück wünschst. Es spielt für diese Übung keine Rolle, wer diese beiden Personen sind – der Busfahrer, die Kollegin, der Unbekannte, der neben Dir an der Ampel wartet. Diese Übung führt zu positiven Emotionen – wie in einem Spiegel zuerst bei Dir und dann auch bei anderen – und mit der Zeit automatisch zu erhöhter Achtsamkeit.
Achtsamkeitsübung Nr. 4: Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion
Die Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion oder MBSR (Mindfulness-Based Stress Reduction) ist ein spezielles Programm für Menschen, die Stress abbauen möchten. MBSR wurde von Jon Kabat-Zinn entwickelt und verwendet die gezielte Aufmerksamkeit sowie die Achtsamkeit zur Stressbewältigung. Das Programm erstreckt sich über ca. acht Wochen und umfasst auch Gruppensitzungen. Die einzelnen Bestandteile der Achtsamkeitsübungen sind:
- Einübung achtsamer Körperwahrnehmung (Bodyscan)
- sanftes und achtsames Ausführen von Yoga-Übungen
- Sitzmeditation
- Gehmeditation
- kurze Achtsamkeitsübung
- Achtsamkeitspraxis – Beibehalten der Achtsamkeit im Alltag
Wofür wird eine Achtsamkeitsübung eingesetzt?
Was kann ich ändern in meinem Alltag, meinem Leben und meinem Körper bzw. Geist? Wenn Du Dir diese Fragen stellst, können Dir die beschriebenen Übungen vielleicht eine Antwort geben. Denn jede Achtsamkeitsübung hilft Dir, zu mehr Achtsamkeit zu finden. Außer den hier beschriebenen einfachen Übungen gibt es eine Vielzahl anderer Methoden, mit deren Hilfe Du Deine Achtsamkeit erhöhen kannst. Neben einem Gewinn an Lebensqualität helfen sie auch dabei, ein bewussteres Leben zu führen – natürlich nicht von jetzt auf nachher, sondern langsam, Stück um Stück. Es hat sich mittlerweile auch gezeigt, dass Achtsamkeit sich präventiv oder als Therapie bei psychischen und körperlichen Problemen einsetzen lässt. In der Alternativmedizin setzt man Achtsamkeitsübungen mitunter gegen Übersäuerung ein, z. B. für achtsames Essen oder zum Verbessern der Atmung.
Du musst nur den ersten Schritt gehen und alte und schlechte Angewohnheiten durch Handeln und Wahrnehmen im Alltag – bewusst und achtsam – ersetzen. Dazu können Dir die vorgestellten Achtsamkeitsübungen helfen. Probiere doch zum Üben einfach mal einen Achtsamkeitstag aus!
Quelle
1 C. A. Hutcherson et al.: Loving-kindness meditation increases social connectedness. In: Emotion. Band 8, Nr. 5, 2008